Ich sitze auf der Fähre von Koufonisi nach Mykonos und mit mir eine Gruppe griechischer Kinder. Sie sind aufgedreht und rufen immer wieder "Μύκονος, Μύκονος…" das erinnert mich daran, dass auch ich schon als kleines Kind mit meinen Eltern Anfang der 70ger Jahre das erste Mal auf die Insel der “beautiful people” gefahren bin. Hippies und Paradiesvögel aus aller Welt kamen hierher und feierten sich und das Leben. Seitdem war ich unzählige Male hier, kenne und liebe jede Gasse, die nach jeder Saison wieder in frischem Weiss getüncht wird. Ich liebe die kleinen Kirchen und little Venice wo die Wellen gegen die Kaimauern schlagen und direkt in den Sundowner schwappen, die bunten Läden und Bars, ich liebe Kounelas Fischtaverne, die sich in einem kleinen Innenhof hinter dem Hafen versteckt und in der man noch immer seinen Fisch in der Küche aussucht. Ich liebe Kikis, auch wenn man anstehen muss und ich liebe die Bootsfahrten zum Strand auch wenn das Ticket mittlerweile 15 EUR anstatt 4 Mark kostet. Ich liebe Nikos Taverne auch wenn hier schon immer Gruppen von Japanern sassen, um einmal den Pelikan durch die Gassen huschen zu sehen. Ich liebe das kleine outdoor Kino, wo Filme im Original in griechischer Sprache gezeigt werden, auch wenn es mittlerweile in Vergessenheit zu geraten scheint. Ich liebe die Kioske wo man spät nachts noch Chips oder Kaugummi kaufen kann und so Vieles mehr, was sich hier gar nicht alles aufzählen lässt. Deshalb bin ich immer wieder gekommen, zuletzt vor 4 Jahren um meinen 50gsten Geburtstag zu feiern und auch da war schon alles crazy und teuer aber trotzdem noch wunderschön.
Aber jetzt hast Du es übertrieben Mykonos. Überall auf den sonst so kargen Hügeln wird gebaut. Der Ort wird überrannt, Menschenmassen schieben aneinander vorbei. Kaum interessante Leute, das Publikum reicht überwiegend von ordinär bis absurd. Man begegnet nur noch Wenigen, die die Insel noch von früher kennen, dann wird geschwärmt. Und Morgens wenn alles noch leer, still und friedlich ist, dann ist es auch immer noch schön und es lässt sich der einstige Zauber erahnen, der über der Insel lag. Aber das hält nicht lange, dann herrscht wieder Trubel, die Kreuzfahrtschiffe entladen sich. Mittlerweile gibt es zwar Sushi am Flughafen aber in den Strassen sitzen Bettler neben Gucci und Louis Vuitton. Vorbei die Zeiten in denen man am Agrari in einem paradisischen Garten sass, die urige Taverne ist heute einem Glaskasten gewichen. Ein Cafe am Hafen kostet 7 EUR und auf die Veränderung angesprochen antwortet der Typ: “mir egal, sie kommen, sie zahlen und ich sehe sie nie wieder”. Bei "Katrins" erinnert sich der Wirt zumindest daran, wer ihn zu dem gemacht hat, der er ist und preist seine köstlichen Gerichte so charmant an wie eh und je. Ich bekomme, obwohl ich alleine bin den schönsten Tisch, wenn ich verspreche in einer Stunde fertig zu sein. Ich blicke auf die kleine Kirche gegenüber und werde von allen verwöhnt, neben mir ein Paar, was auch schon seit der Eröffnung 1972 hierher zum Essen kommt. Die Weinblätter sind ein Gedicht, es werden Kussmünder geworfen, es folgt das Hauptgericht und alles scheint einen Moment lang so wie es mal war... aber eine gefüllte Tomate für 27 Eur und ein Glas Wein für 12? Das ist nicht mehr das Mykonos was ich mal kannte und was ich so tief und innig und über alles geliebt habe. Versteht mich nicht falsch, mir ist bewusst dass sich alles verändert aber eben nicht immer zum Guten und natürlich haben wir alle mit unseren easyjet Direktflügen dazu beigetragen. Aber spätestens wenn die Bougainvilleen an manchen Ecken mittlerweile durch Kunstblumen ersetzt wurden, muss man wohl einsehen, dass etwas vorbei ist, der Pelikan hat das längst erkannt, er ist weg! So stehe ich jetzt hier, werfe einen letzten wehmütigen Blick auf die Windmühlen und weine. Meine Tränen sind bittersüss, weil ich irgendwie das Gefühl habe, dass es ein Abschied für immer ist. Farewell Mykonos, machs gut!
Die erste Liebe vergisst man nie!
Ich bin froh dass Mykonos dieses Mal nur mein Transfer Flughafen war und ich auf meiner Reise so viele schöne andere Orte entdecken durfte, die heute noch so ursprünglich und wundervoll sind wie Mykonos vor 30 Jahren …aber pssst 🤫